Martinique

Martinique
Martinique
 
[marti'nik], französisches Übersee-Département im Bereich der Westindischen Inseln, umfasst die zu den Kleinen Antillen gehörende gleichnamige Insel, 1 100 km2, (2000) 384 000 Einwohner; Hauptstadt ist Fort-de-France, Amtssprache Französisch. Zeitzone: Atlantic Standard Time (700 Fort-de-France = 1200 MEZ).
 
Landesnatur:
 
Martinique ist eine gebirgige, durch Vulkanismus geprägte Insel. Das nördliche Gebirge mit der 1 397 m hohen Montagne Pelée als höchster Erhebung der Insel wird durch die Ebene des Lezarde- und Galion-Flusses vom südlichen Bergland (Matthäus du Vauclin: 505 m über dem Meeresspiegel) getrennt. Der Ausbruch (Glutwolke) des im Nordwesten gelegenen aktiven Vulkans Montagne Pelée von 1902 vernichtete die damalige Hauptstadt Saint-Pierre (40 000 Tote).
 
Das wechselfeuchte tropische Klima steht unter dem Einfluss des Nordostpassats (Hauptniederschlagszeit Juli bis November, mit dem Auftreten von Hurrikans verbunden). Die Jahresniederschläge liegen zwischen 1 000 mm im Lee und bis über 5 000 mm an den Luvseiten der Gebirge. Die Temperaturen schwanken zwischen 24 und 31 ºC, je nach Jahreszeit und Höhenlage. Die Vegetation reicht vom immergrünen Regenwald bis zur Dornstrauch- und Sukkulentensavanne.
 
 
Die indianische Bevölkerung (Kariben) war bald nach der Kolonisierung ausgestorben oder ausgerottet. Heute besteht die Bevölkerung zu 94 % aus Mulatten, Nachfahren der schwarzen afrikanischen Sklaven (1736: 60 000), die als Plantagenarbeiter eingeführt wurden, und der weißen französischen Oberschicht. Nach Aufhebung der Sklaverei (1848) wurden anfangs Kontraktarbeiter aus Afrika (1859 verboten), dann Inder (1853-84: 25 000 Arbeiter, von denen viele wieder abwanderten) und wenige Chinesen angeworben. Die Weißen, heute noch wirtschaftlich führend, waren durch die Vernichtung von Saint-Pierre 1902 besonders betroffen.
 
Als Umgangssprache dient meist ein französisches Kreolisch. Etwa 85 % der Bevölkerung bekennen sich zum katholischen Glauben; daneben gibt es wenige Methodisten, Adventisten, Zeugen Jehovas und Hinduisten. 30 % der Bevölkerung sind unter 20 Jahre alt. Nachdem sich die Bevölkerung von 1920 bis 1965 verdoppelt hat, stagniert heute ihre Zahl. Der begrenzte Arbeitsmarkt ist für eine hohe Migration v. a. nach Frankreich verantwortlich. Rd. ein Drittel der Bevölkerung lebt in der Agglomeration der Hauptstadt Fort-de-France an der Westküste.
 
 
Die Wirtschaft Martiniques wird vom Tourismus beherrscht und ist in erheblichem Umfang von Frankreich abhängig. Die Landwirtschaft trägt zu 6 % (1991) zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und beschäftigt rd. 6 % der Erwerbstätigen. Etwa 150 landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 100 ha, in der Regel im Besitz der alteingesessenen Weißen (Békés), produzieren in den flacheren Gebieten Exportprodukte wie Bananen (1994: 228 000 t, etwa ein Drittel der Ausfuhr), Zuckerrohr (zur Rumproduktion), Zitrusfrüchte, Melonen und Ananas. Der Export von Bananen, Zucker und Rum wird durch EU-Abkommen geregelt. Auch die Blumenproduktion hat Bedeutung. Rd. 7 000 Klein- und Mittelbauern, meist im bergigen Hinterland, bauen für den Eigenbedarf an und versorgen den lokalen Markt mit Gemüse und Knollenfrüchten. Die Fleischproduktion (1994: 110 000 Schafe, 49 000 Schweine, 36 000 Rinder) reicht etwa zur Hälfte, die Fischanlandungen zu einem Drittel (1993: 4 600 t) für die Versorgung des einheimischen Marktes aus. Etwa 15 % (1991) des BIP stammen aus Industrieproduktion, Bauwesen und Energiewirtschaft. Wichtigste Verarbeitungsstätten sind dabei eine Erdölraffinerie sowie Rumdestillerien; daneben werden Lebensmittelkonserven, Kunststoffe, Leder- und Textilwaren sowie Zement, Elektronikbauteile, Möbel u. Ä. produziert. Mit Abstand wichtigster Erwerbszweig ist der Tourismus, der erheblich gefördert wird (1991: 225 000 Hotelankünfte; 417 000 Kreuzfahrtpassagiere; Gesamteinkünfte 1993: 332 Mio. US-$). Die Touristen kommen v. a. aus Frankreich und den USA. Das Handelsbilanzdefizit Martiniques beträgt 1 424 Mio. US-$ (1994) bei Exporten von 202 Mio. US-$, wobei Frankreich mit Abstand der größte Handelspartner ist. Aufgrund der hohen Zuschüsse Frankreichs (jährlich rd. 4,5 Mio. FF) und der EU (1994-2000: 1,5 Mrd. ECU) ist der Lebensstandard auf der Insel hoch.
 
 
Ursprünglich von Aruakindianern, später von Kariben bewohnt, wurde Martinique 1502 von C. Kolumbus entdeckt. 1635 nahm die französische Compagnie des Îles d'Amérique die Insel in Besitz und siedelte Franzosen an. 1674 wurde Martinique französische Kronkolonie. Im 17. und 18. Jahrhundert kämpften Briten und Niederländer mit den Franzosen um Martinique, das erst 1816 endgültig französisch wurde. 1848 wurde die Sklaverei abgeschafft; 1854 gab Frankreich Martinique eine gewisse innere Autonomie. Seit 1946 besitzt Martinique den Status eines französischen Übersee-Départements, das vier Abgeordnete in die französische Nationalversammlung entsendet und einen Generalrat wählt. 1982/83 wurden unter Präsident F. Mitterrand die Selbstverwaltungsbefugnisse Martiniques durch die Schaffung des Regionalrats (41 Mitglieder) erweitert. Bei den Wahlen zum General- und Regionalrat 1992 erreichten die linken Parteien, die mehr Autonomie anstreben, die Mehrheit (dazu gehört der von Aimé Césaire geführte Parti Progressiste Martiniquais).
 
 
Atlas des départements français d'outre-mer, hg. v. G. Lasserre, Bd. 2: La M. (Paris 1977);
 
Questions sur l'administration des DOM, hg. v. J.-C. Fortier (ebd. 1989);
 F. Doumenge u. Y. Monnier: Les Antilles françaises (Paris 21993);
 
French and West Indian. M., Guadeloupe and French Guiana today, hg. v. R. E. Burton u. a. (London 1995).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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